Der Flaschengeist
Singspiel aus Ozeanien von Wilfried Hiller (Musik, Libretto) und Felix Mitterer (Libretto) frei nach Robert Louis Stevenson
Uraufführung 2014
Staatstheater am Gärtnerplatz
Musikalische Leitung: Michael Brandstätter
Regie: Nicole Claudia Weber
Bühne und Kostüme: Judith Leikauf und Karl Fehringer
Dramaturgie: Michael Otto
Dramaturgische Mitarbeit: Elisabeth Woska und Nicole Claudia Weber
Fotos: Christian Zach
Presse
augsburger-allgemeine.de, Renate Ulm, 24. Januar 2014
Der Teufel als Missionar
In München kam Wilfried Hillers neues Singspiel „Der Flaschengeist“ heraus. Er verarbeitet darin erneut seine schlimmen Augsburger Erfahrungen
München In Büchsen und Flaschen gehaltene Geister sind meist bösartig, selbst wenn sie zunächst Gutes zu bewirken scheinen. So versorgt „The Bottle Imp“ von Robert Louis Stevenson, die literarische Vorlage zu Wilfried Hillers neuem Singspiel auf ein Libretto von Felix Mitterer, seinen Besitzer erst einmal mit Luxus. Doch das schnelle Glück hat einen (teuflischen) Pferdefuß: Dem ist ein Platz in der Hölle sicher, der die Flasche nicht rechtzeitig weiterverhökern kann. Was einfach klingt, entpuppt sich als schwieriges Unterfangen; es gibt da mehrere Haken…
„Der Flaschengeist“ von Wilfried Hiller (*1941 in Weißenhorn) handelt also von plötzlichem Reichtum und teuflischer Niedertracht – aber auch von reiner Liebe. Es ist ein Singspiel aus Ozeanien, das Melodram, Dialoge, Pantomime und Zaubertricks einbezieht.
Der Teufel in Hillers Singspiel: ein wahrer Fluch von Ozeanien, eine Art Jack Sparrow mit Eisen in der Visage und Tattoos auf den Armen. Der spielfreudige Counter Roland Schneider verkörpert ihn – unterstützt von einem Sopran und einem Mezzo aus dem Graben. In einer Art teuflischer Dreifaltigkeit singt er mehrstimmig. Sein Rippenhemd und der unübersehbare Pferdefuß verweisen auch auf seine Profession als Tod. Wenn er sich einen Kardinalshut aufsetzt, eine Soutane überzieht und eine schwere silberne Kette mit Kreuz anlegt, wird er zu einem „Missionar“, der die Massen gegen das Liebespaar Keawe (Paul Schweinester als geplagter Flaschenbesitzer) und Kokua (Katharina Ruckgaber als Ratgeberin) aufhetzt. Beeindruckend auch der Bassbariton Holger Ohlmann als Mokula und Bootsmann.
Übrigens gilt abermals: Der Teufel im Gewand des Geistlichen ist ein ganz persönliches Schlüsselmotiv des Komponisten, ein wiederkehrendes, gespenstisches Bild aus seinen Augsburger Internatszeiten, das jahrzehntelang verborgen in seinen Arbeiten gärte, aber quasi zeitgleich mit der Singspiel-Entstehung – und wie ein „Flaschengeist“ – herausdrängte.
Hiller, selbst ausgebildeter Schlagzeuger, bereichert den Orchesterklang mit vielen neuen Farben, die zumeist von den vier Percussionisten ausgeführt werden, die auf der Bühne des Münchner Carl-Orff-Saals sitzen, da der Graben nur für 25 Musiker ausreicht. Oceandrums geben das Rauschen des Meeres wieder, die Steine, mit denen das Liebespaar um ein Haar hingerichtet worden wäre, werden zu Herzschlägen im Liebeslied der Kokua. Mit der Nagelgeige, diesem „Teufels-Instrument“, werden klirrende Töne erzeugt, während die Viola d’amore die Liebe tönen lässt.
All diese Klangwelten werden durch englische Volkslieder bereichert, musikalische Hinweise auf die ehemaligen Kolonialherren: Greensleaves, What shall we do with the drunken sailor, Over the hills and far away. Hillers Musik zeigt sich stark assoziativ. Hintersinnig, humorvoll und besonders schön geriet ihm das Doppelduett im Finale.
Der Chor und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz zeigten sich unter der umsichtig-klaren Leitung von Michael Brandstätter in der Ausweichspielstätte des Carl-Orff-Saales im Gasteig engagiert. Die Regisseurin Nicole Claudia Weber, dazu Judith Leikauf und Karl Fehringer (Bühne/Kostüme) haben ein zauberhaftes Märchen für Kinder, eine hintersinnige Parabel für Erwachsene auf die Bühne gebracht. Begeistertes Premierenpublikum.
br.de, Antonia Goldhammer, 24.01.2014
Premiere „Der Flaschengeist“ Opulenz in Bild und Musik
Die Produktion des Gärtnerplatztheaters „Der Flaschengeist – Ein Singspiel aus Ozeanien“ von Wilfried Hiller und Felix Mitterer hat nun ihre Premiere im Münchner Gasteig gefeiert. Es basiert auf dem Buch „Der Flaschendämon“ von Robert Louis Stevenson.
Von: Antonia Goldhammer Stand: 24.01.2014 Premierenkritik:
Das Singspiel „Der Flaschengeist“
Er singt mit drei Stimmen, aus seiner Glatze wuchern wüste rote Zöpfe und an Brust und Rücken klaffen Wunden, durch die seine Rippen durchscheinen. Schnell ist klar: Wer die Dienste dieses Flaschengeistes beansprucht, holt sich den Teufel persönlich ins Haus. Und der stampft jetzt mit seinem Pferdefuß an den hawaiianischen Stränden entlang.
Dieses bunte und geheimnisvolle Hawaii auf der, nicht gerade für die große Oper geschaffenen Bühne im Carl-Orff-Saal des Gasteigs entstehen zu lassen, ist keine leichte Aufgabe. Das Bühnenbildteam Judith Leikauf und Karl Fehringer hat sie virtuos gemeistert: mit einer Skulptur im Mittelpunkt, die in Kombination mit aufwändiger Lichtregie und Projektionen vor dem geistigen Auge des Zuschauers mal Höhle, mal Rauchsäule, mal Einrichtungsgegenstand oder Baum sein kann.
Opulente Inszenierung
Das hätte als Bühnenbild eigentlich schon gereicht, aber szenenweise werden noch gegenständliche Elemente wie Säcke, Tische oder Schiffsegel aufgebaut. Und das schafft Opulenz. Und Opulenz ist an diesem Abend das zentrale Stichwort. Das gilt auch für Maske und Kostüm, die ebenfalls von Leikauf und Fehringer stammen. Das ganze Ensemble trägt farbenfrohe, kreativ geschnittene Kostüme, die ein bisschen an „Fluch der Karibik“ erinnern.
Und opulent ist auch die Musik. Dirigent Michael Brandstätter schafft es, die durch viele Sprechszenen durchbrochene Musik zu einer Einheit zu verbinden. Das hilft, die Komplexität der Komposition von Wilfried Hiller zu verstehen, sich auf die atmosphärischen Klangbilder und die ungewöhnliche Instrumentierung einzulassen, die unter anderem eine Steeldrum und vier Schlagzeuge aufweist.
Musikalisch überzeugend
Die durchweg überzeugende musikalische Leistung wird auch durch den Chor und die gut aufeinander eingespielten Solisten mitgetragen: Alle zeichnen sich durch hohe Textverständlichkeit aus, was bei diesem Märchen unverzichtbar ist. Paul Schweinester als Keawa und Katharina Ruckgaber als Kokua, seine Braut, sind sehr angenehm zu hören und geben ein stimmiges Paar und Countertenor Roland Schneider verleiht dem dämonischen Flaschengeist mit seiner strahlenden, eindringlichen Stimme große Bühnenpräsenz.
Regisseurin Nicole Claudia Weber versucht offenbar, das Ensemble mit der Opulenz der anderen Elemente mithalten zu lassen und wählt eine Personenführung und einen Sprechstil, der nicht realistisch, sondern stark theatralisch ist. Das passt zum Gesamterscheinungsbild – doch mit diesem Stil werden leider auch Chancen vergeben. Etwa die, durch leise, realistischere Töne die Doppelbödigkeit und Tiefgründigkeit der Texte von Felix Mitterer und Wilfried Hiller begreifbar zu machen. Zum Beispiel herauszuarbeiten, dass sich die Charaktere oft ambivalent verhalten, ja, dass die Menschen sich oft durchaus dämonisch geben und der Dämon auch etwas Menschliches hat, was übrigens eine enorme Komik birgt, die sich durch weniger Theatralik und mehr Präzision hätte vermitteln können. Dennoch: die Geschichte ist schön, die Musik interessant und wer gut gemachtes kunterbuntes Ausstattungstheater im besten Sinne liebt, sollte sich den „Flaschengeist“ nicht entgehen lassen.
nacht-gedanken.de, 24.01.2014
Uraufführung: Der Flaschengeist, 23.01.2014, Gärtnerplatztheater im Carl-Orff-Saal
Dieses Singspiel ist ein sehr schöner Einstieg in die sogenannte moderne Musik, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, weil es die Hörgewohnheiten des unerfahrenen Publikums nicht überstrapaziert, aber doch auch dem erfahrenen Musiktheater-Liebhaber viel Interessantes bietet. Das Stück spielt in Ozeanien: Keawe will die Fischerstochter Kokua heiraten, hat aber nicht genug Geld dafür. Der reiche Mokula verkauft Keawe eine Zauberflasche. Der Flaschengeist, der darin wohnt, erfüllt seinem Besitzer alle Wünsche. Wer die Flasche aber zum Zeitpunkt seines Todes immer noch besitzt, kommt in die Hölle. Als Keawe die Flasche weiterverkauft, gibt es unerwartete Schwierigkeiten: Der Flaschengeist zaubert ihm aus Rache eine Krankheit an den Hals. Keawe sucht den neuen Besitzer, um die Flasche wieder zu kaufen, denn der Flaschengeist soll ihn wieder heilen. Als er die Flasche erneut kauft, sagt seine Liebste Kokua nicht “Herrschaftszeiten, wie blöd kann man sein!” – schließlich sind wir in Hawaii und nicht in München – sondern sie findet es hinreißend romantisch, dass Keawe die Flasche beide Male nur wegen ihr gekauft hat und damit sein Seelenheil aufs Spiel setzt. Dann versucht sie, dieses Problem zu lösen, das er ohne sie gar nicht hätte.
Die komplexe Beziehungsdynamik in dieser jungen Ehe – Schwierigkeiten, Missverständnisse, Krise – ist sehr intelligent und nachvollziehbar beschrieben, aber das fällt einem erst später auf, weil es so viel anderes zu sehen gibt. Alle Rollen sind mit sehr guten Sängern besetzt, auch die Nebenrollen waren großartig. Der böse aber äußerst charmante Flaschengeist ist… das erraten Sie nie: ein Countertenor. Er wird von zwei Frauenstimmen hinter der Bühne raffiniert begleitet. Roland Schneider bewältigte diese schwer zu singende Titelrolle ganz hervorragend, mit einer wunderschönen Stimme. Paul Schweinester als Keawe verkörperte seine Partie sehr überzeugend. Er ist ein guter Sänger, was aber in diesem Stück gar nicht umfassend zur Geltung kommt, weil er viel reden muss. Mokula war gut gesungen, die anspruchsvolle Partie ist musikalisch etwas ungewöhnlich, aber interessant. Der Bootsmann dagegen (der zum Schluss beweist, dass Alkohol zuweilen doch Probleme löst) ist eine Figur, in der ein Sänger zeigen kann, was er szenisch draufhat. Man sieht Holger Ohlmann an, dass ihm beide Rollen Spaß machen.
Die Inszenierung von Nicole Claudia Weber gefiel mir, sie ist atmosphärisch und gleichzeitig von märchenhafter Schlichtheit, mit einer spannenden, vielseitigen Personenführung.
Es ist nicht einfach, derart viele ganz unterschiedliche Männerrollen so zu inszenieren, dass sie alle interessant sind. Robert Louis Stevenson, der Autor der Novelle, die als Vorlage diente, ist nicht für seine Frauengestalten berühmt. Dementsprechend gibt es auch nur eine größere Frauenpartie, die mit Katharina Ruckgaber luxuriös besetzt ist. Insbesondere musikalisch ist dieses Stück ein Genuss. Es ist ungewöhnlich instrumentiert und trotzdem sehr eingängig, kein bisschen befremdlich, wie es Neukompositionen ja zuweilen an sich haben. Im Orchestergraben und auf der Bühne befinden sich unter anderem zwei Harfen, zwei Klaviere, ein Akkordeon und über 50 Perkussions-Instrumente. Darunter sind so seltene wie die Ocean Drum, die wie Wellenrauschen klingt, Ratschen, Holzzungen-Trommeln, Steine, dazu noch eine Klangschale und ein Weinglas. Trotz dieser Fülle ist das Stück nicht zu laut (jedenfalls nicht für die Zuschauer). Es klingt keineswegs unruhig, sondern die unterschiedlichen Instrumente fügen sich ganz wunderbar in die Handlung ein. Ein großes Lob dem Musikalischen Leiter Michael Brandstätter, der das Orchester des Gärtnerplatztheaters sehr feinfühlig dirigierte. Auf der Bühne befindet sich auch eine Steeldrum, ein Straßeninstrument, mit dem Mokula auftritt, als er nicht mehr ganz so reich ist. Das klingt so gut, dass viele Zuschauer ins Grübeln kommen, ob dieses Instrument nicht vielleicht in Wirklichkeit hinter der Bühne gespielt wird. Nein, Mokula spielt die Steeldrum selbst, und währenddessen singt er auch. Man ist ja schließlich Profi. Das Gärtnerplatztheater vergab den Auftrag für diese Neukomposition an Wilfried Hiller, einen Komponisten aus München, der dem Publikum durch sein beliebtes Stück “Der Goggolori” bekannt ist. Der Flaschengeist wurde bereits vor zwanzig Jahren in Angriff genommen. Michael Ende hatte kurz vor seinem Tod angefangen, daran zu arbeiten; dann lag das Projekt auf Eis. Für das Libretto wurde nun ein österreichischer Autor rekrutiert, der in Deutschland weitgehend unbekannt ist. Das Bühnenbild ist ein Geniestreich: schlicht und elegant, wandlungsfähig, und dazu noch platzsparend auf der kleinen Bühne. Dieses ozeanische Singspiel ist zwar ein klein wenig gruselig, aber da ist der Nachwuchs von heute wohl anderes gewohnt. Ich denke, es ist durchaus ein Stück für Kinder. Jedenfalls für solche, die keine Angst vor der Hölle haben.
klassikinfo.de, Klaus Kalchschmid, 27.01.2014
Kritik: Uraufführung von „Der Flaschengeist“
Der Teufel mit den drei Stimmen
Wilfried Hillers und Felix Mitterers Singspiel kam am Münchner Gärtnerplatztheater heraus
Von Klaus Kalchschmid
(München, 23. Januar 2014)
Die Bösen sind doch immer die mit Abstand interessantesten und farbigsten Figuren: ob im Film, im Schauspiel oder auf der Musiktheater-Bühne. So auch jetzt bei der Uraufführung von Wilfried Hillers und Felix Mitterers Singspiel „Der Flaschengeist“ nach der Erzählung „The Bottle Imp“ von Robert Louis Stevenson aus dem Jahr 1892 im Carl-Orff-Saal. Schon den Prolog als Geschichtenerzähler Tusitala – so nannten die Samoaner Stevenson bei seinem fünfmonatigen Aufenthalt auf Hawaii – singt Countertenor Roland Schneider mit einer derart wilden, spannungsvollen Intensität, dass man ungeduldig auf seinen späteren Auftritt als Flaschendämon wartet. Dieser erfolgt dann mit einigem Bühnenzauber spektakulär mit silbernen Rippen auf der Haut und beinahe glatzköpfig, in den Bewegungen ähnlich elegant exaltiert wie Johnny Depp in „Pirats of the Carribbean“.
Wilfried Hiller hat für diese Titelpartie die verrückteste und beste Musik des ganzen Stücks komponiert, eine virtuose Counter-Partie, der zwei weibliche „Voces Diaboli“ (Elaine Ortiz Arnades, Frances Lucey) – unsichtbar im Orchester – beigesellt sind und so den Teufel auf diabolisch faszinierende Art dreistimmig singen lassen. Wunderbar, wie der Flaschengeist in Priester-Robe und mit Birett in französischem Akzent vor sich selbst warnt und die Bewohner von Tahitis Hauptstadt Papeete gegen den Besitzer der Flasche aufhetzt.
Denn der Geist in dieser Flasche hat es in sich: Er erfüllt zwar alle Wünsche, aber wer das Gefäß im Augenblick des Todes besitzt, der muss dem Flaschenteufel in die Hölle folgen. Also gilt es es rechtzeitig zu verkaufen – aber für weniger Geld, als man die Flasche erworben hat; so die Regel. Irgendwann also wird es eng, denn weniger als einen Cent, das scheint kaum möglich…
Doch von Anfang an: Der junge Fischer Keawe (Paul Schweinester) kann Kokua (Katharina Ruckgaber) nur mit entsprechender Mitgift heiraten, also kommt ihm Mokula (Holger Ohlmann) gerade recht, der seinen Reichtum mit eben diesem Flaschengeist „erworben“ hat. Auch der Vater der Braut (Heinz Schmidtpeter) soll einen Fischkutter zum Geschenk bekommen, doch dem ist der plötzliche Reichtum seines Schwiegersohns suspekt. Und tatsächlich kamen Keawe und Kokua nur in den Besitz des schönsten Hauses der ganzen Insel, weil der Onkel und bald sein einziger Sohn gestorben sind. Die Wunscherfüllung zeitigt also unerwünschte Neben-Wirkungen. Kaum ist die Flasche verkauft, entdeckt Keawe Anzeichen einer Lepra-Erkrankung an sich. Also jagt er monatelang seinem Freund Lopoka hinterher, dem er die Flasche verkauft hat, um sie erneut zu erwerben und mit ihrer Hilfe seine Krankheit zu heilen. So geht die Geschichte immer weiter, bis am Ende einer auf der Flasche sitzenbleiben muss – und in die Hölle wandert.
Wie es sich für ein Sing-Spiel gehört, gibt es viel gesprochenen Dialog, aber auch Musik, vielleicht aber allzu wenig davon und manchmal zu sparsam, obwohl vier Schlagzeuger am Rand des Portals hörbar vielfältig und gut beschäftigt werden: mit und auf unzähligen Objekten. Dazu gibt es eine, zeitweilig auch auf der Bühne agierende Akkordeon-Spielerin (Stefanie Schumacher), zwei Klaviere, zwei Harfen (linke und rechts im Orchestergraben), Geigen (machmal wie eine Gambe zu spielen, was dann auch ganz anders und fast wie eine Fiedel klingt) und andere Streicher, teils solistisch, teils chorisch. Selten eingesetzt (fast nur, wenn sich der dramatische Knoten schürzt) werden Holz- und Blechbläser; erstere manchmal mit schönen Soli. Kaum hat sich die Musik verdichtet, verflüchtigt sie sich oft auch schon wieder, gibt Sprechtext Raum oder ist ihm unterlegt. Die Gesangs-Partien klingen nach Musical, werden auch so und mit Mikroport gesungen, respektive gesprochen. Wilfried Hiller hat das alles wohl sehr bewusst so dezidiert einfach gesetzt, wie er auch (nicht nur) außereuropäische Musik geschickt und unaufdringlich zitiert oder imitiert.
Nicole Claudia Weber inszenierte das Ganze solide als exotisches Märchen.
Durchaus charmant, wenn auch arg detailverliebt und sehr bunt, sind die malerischen Kostüme – auch des Chors – und das mittels Licht und ein paar Versatzstücken variable Bühnenbild (Ausstattung: Judith Leikauf, Karl Fehringer), das aussieht wie eine Schneekugel ohne Schnee, in deren Mitte sich ein exotischer Baumstamm windet. Paul Schweinester und Katharina Ruckgaber sind ein entzückendes Liebespaar, das sich über den Komplikationen mit dem Flaschengeist fast entzweit, am Ende aber doch glücklich vereint ist. Der nicht minder attraktive Vigil Mischok gibt mit schönem Bariton Lopaka, Keawes rasterlockigen Freund. Bassist Holger Ohlmann singt trefflich den Mokula, mit dem die Geschichte ihren Anfang nimmt, und am Ende auch den betrunkenen, sorglosen und geldgeilen Bootsmann, der den Flaschengeist nicht mehr aus der Hand gibt und zur Hölle fährt. Michael Brandstätter sorgt am Pult des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz für exaktes Timing, die richtigen Tempi, die rechte Klangbalance und dass Wilfried Hillers teils sehr bodenständige, teils sehr zarte Klänge auch wirklich zum „Sprechen“ kommen.