Der Mann von La Mancha
von Mitch Leigh und Joe Darion
Nicole Claudia Weber in Co-Regie mit Josef E. Köpplinger
Premiere 2012
in den Kasematten im Auftrag der Oper Graz/sowie 2013 in der Reithalle des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Musikalische Leitung: Michael Brandstätter
Ausstattung: Rolf Langenfass
Video: Roland Renner
Besetzung Oper Graz
Cervantes | Don Quixote: Erwin Windegger
Sein Freund | Sancho: Daniel Prohaska
Aldonza | Dulcinea: Carin Filipcic
Padre: Martin Fournier
Antonia: Nazanin Ezazi
Barbier: Andrè Schuen
Haushälterin: Kristina Antonie Fehrs
Maria: Uschi Plautz
Besetzung Gärtnerplatztheater
Carvantes/ Don Quijote: Erwin Windegger
Diener, Sancho Pansa: Peter Lesiak
Aldonza/Dulcinea: Carin Filipcic
Antonie: Katja Reichert
Gouverneur/Gastwirt: Martin Hausberg
Padre: Yesper Tiden
Herzog/Dr. Carrasco: Frank Berg
Maria Wirtin: Marika Lichter
Sowie: Hannes Muik, Pál Szepesi (Pferd), Nicola Gravante (Esel), Christoph Graf, Maurice Klemm, Peter Neustifter, Alexander Moitzi, Florian Peters, Snejinka Avramova, Frances Lucey, Kenia Bernal González, Peter Windhofer;
Presse
Kleine Zeitung, Christian Ude
„Der Mann von La Mancha“: Ein Musical ohne Patina
Der Grazer Oper gelang ein wunderbarer Abend auf den Kasematten: „Der Mann von La Mancha“ lässt träumen, staunen und hoffen.
Das Ambiente ruft nach dem „Mann von La Mancha“: Die Grazer Oper besann sich nach einem Jahrzehnt wieder der Kasematten und hätte dafür kein idealeres Musical als Sommerproduktion aussuchen können.
Das Gemäuer ist kein Kerker der Inquisition, sondern ein Gefängnis unserer Tage – ist es doch leider nicht gestrig, dass ein Schriftsteller aus politischen Gründen eingesperrt wird. Mit seinen Mitgefangenen erweckt er seinen Roman „Don Quijote“ zum Leben; sie werden in ihrer ungewissen Lage zu Mitwirkenden und erfahren dabei neue Perspektiven auf sich selbst. Das Spiel weckt, was hinter den Aggressionen verschüttet war: Gefühl und Mitgefühl.
Musical-Spezialist Josef Ernst Köpplinger und sein exzellenter Choreograf Boris Nebyla bringen das 1965 in New York uraufgeführte Stück ohne jegliche Patina auf die in die Mitte gestellte Bühne (noch eine Entscheidung des im April verstorbenen Ausstatters Rolf Langenfass). Die Inszenierung besticht durch liebevolle Details und wie aus dem Nichts gezauberte Ideen, etwa das Pferd Rosinante und Sancho Pansas Esel. Mit den wenigen Habseligkeiten des Dichters als Requisiten blüht zwei Stunden lang das Theater.
Erwin Windegger erweist sich mit seiner faszinierenden Bühnenpräsenz als Idealbesetzung für den „Ritter von der traurigen Gestalt“. Stimmlich und darstellerisch lassen auch Daniel Prohaska (Diener) und Karin Filipcic (Aldonza/Dulcinea) keine Wünsche offen, sind zudem veritable Sympathieträger. Jeder im tatkräftigen Ensemble hat schöne Momente, stellvertretend seien Roger Murbach und Uschi Plautz erwähnt. Das Grazer Philharmonische Orchester unter Michael Brandstätter ist auf dem Punkt. Ein stimmiger Abend für Ohr, Auge und Fantasie. Hingehen bzw. raufgehen!
Kronen Zeitung, Michaela Reichart, 26.06.2012
Der Don kämpft für die Fantasie
Fast scheint es, als hätten Dale Wasserman und Mitch Leigh die Kasematten gekannt, als sie „Der Mann von La Mancha“ geschrieben haben. Die Bühne im einstigen Kerker ist der ideale Ort für dieses Musical, das Regisseur Josef Ernst Köpplinger und Dirigent Michael Brandstätter schwungvoll umgesetzt haben.
Die Geschichte soielt in einem Kerker, in dem der Dichter Cervantes mit seinem Diener landet. Um sein Manuskript gegen die Mithäflinge zu verteidigen, spielt er den Inhalt vor, verdonnert die übrigen Gefangenen, in diverse Rollen zu schlüpfen. Mit nur wenigen Hilfsmitteln wird so das Leben von Don Quijote, des Ritters von der traurigen Gestalt, dessen überbordende Fantasie nicht selten in Wahnsinn mündet, und seines treuen Dieners Sanco Pansa erzählt.
Wer erinnert sich nicht an die legendäre Aufführung mit Josef Meinrad als Don Quijote, Dagmar Koller als seine Dulcinea und Fritz Muiar als Sancho Pansa. Gleich vorweg: Das Grazer Ensemble ist viel jünger und markiger. Erich Windegger als Cervantes/Quijote ist ein viriler Mann in den besten Jahren, der nur in die Rolle des naiv-idealistischen, alten Ritters schlüpft. Auch seine Stimme strotzt vor Kraft. Carin Filipcic als Aldonza/Dulcinea kann da locker mithalten. Zudem entspricht ihre herbe Ausstrahlung der Straßenhure perfekt. Sie ist nicht das zauberhafte Lichtwesen, das Don Quijote in ihr sieht, sondern eine gestandene Frau, die sich an die Umstände angepasst hat. Sehr sympathisch wirkt auch Daniel Prohaska als gutmütiger und überraschend junger Sancho.
Mit Martin Fournier, Frank Berg, Nazanin Ezazi, André Schuen, Roger Murbach, Fran Luban und Uschi Plautz sind auch die Nebenrollen hochkarätig besetzt.
Josef Ernst Köpplinger nützt in seiner Regie die räumlichen Gegebenheiten auf der diesmal von zwei Seiten einsehbaren Kasemattenbühne perfekt. Mit nur wenigen Versatzstücken und Kostümen (beides stammt noch vom jüngst verstorbenen Rolf Langenfass) lässt er die Mancha, das Wirtshaus/Castell, die Windmühlen, den Kerker entstehen und von einer jungen Truppe von Tänzern und Sängern bespielen. Aktuelle politische Anspielungen haben hier ebenso Platz wie zarte Gefühle – und was bei diesem Stück das wohl Wichtigste ist, die Fantasie!
Für die ebenso schwung- wie stimmungsvolle musikalische Umsetzung sorgt Michael Brandstätter mit den Grazer Philharmonikern.
Österreich, 26.06.2012
Trauriger Ritter siegt
Vor allem Erwin Windegger als Don Quijote überzeugt im schwungvollen Klassiker
Der Ritter von der traurigen Gestalt sollte der Grazer Oper einen Publikumserfolg sichern . Sonntagabend hatte der Musical-Klassiker Premiere auf der Kasemattenbühne. Erstmals nach 12 Jahren wird das frühere Schloßberggefängnis wieder bespielt – und wie: Josef Ernst Köpplingers Inszenierung hat enormen Schwung, die Hauptdarsteller (Erwin Windegger, Carin Filipcic, Daniel Prohaska) spielen und singen hervorragend. Bühne und Kostüme stammen vom kürzlich verstorbenen Rolf Langenfass und sind eine Freude für die Augen der Musical-Besucher.
APA, Karin Zehetleitner
Mann von la Mancha“ feierte Erfolg am Grazer Schlossberg
Erwin Windegger als berührender und stimmstarker Ritter von der traurigen Gestalt – Praktikable Inszenierung auf Spielfläche zwischen dem Publikum.
Mit dem fantastischen Traum des eingebildeten Ritters Don Quijote bespielt die Grazer Oper nach vielen Jahren wieder die Bühne in den Kasematten am Schlossberg. Regisseur Josef Ernst Köpplinger setzte das Musical „Der Mann von la Mancha“ routiniert in Szene, für Begeisterung sorgte bei der Premiere am Sonntag ganz besonders Erwin Windegger in der Titelrolle. Ihm zur Seite stand ein ausgezeichnetes Ensemble, das Orchester unter Michael Brandstätter hätte etwas mehr Schwung und Esprit vertragen.
Es ist ein Klassiker unter den Musicals, und es funktioniert ganz offensichtlich immer und in den verschiedensten Konstellationen. Diesmal darf Don Quijote auf einer Spielfläche, an der an zwei Seiten das Publikum sitzt, seinem unerreichbaren Stern nachjagen. Dadurch wird das Spiel im Spiel noch mehr betont, wenn der Dichter Cervantes ins Gefängnis gebracht wird und dort den anderen Häftlingen seine Geschichte vom fantasievollen Ritter vorspielt. Alles bleibt dabei sehr offen, was aber auch tiefere Momente verhindert, wenn sich die Darsteller sichtbar bemühen, immer wieder nach alle Seiten zu spielen. Trotzdem wirkt der Raum des ehemaligen Schlossberggefängnisses sehr stimmungsvoll für die Aufführung, allenfalls könnte noch an der Technik samt Mikrofonen gearbeitet werden.
Erwin Windegger als Don Quijote überzeugte nicht nur darstellerisch, wenn er in jeder Geste genau zwischen Don Quijote und Cervantes differenziert, sondern ist auch stimmlich ein Glücksfall. So warmtönend hat man Songs wie „Dulcinea“ oder eben die Hymne an den unmöglichen Traum selten gehört. Eine anfangs resignierte, dann aber immer stärker sich selbst findende Aldonza/Dulcinea stellte Carin Filipcic auf die Bühne, die mit ausdrucksstarkem Gesang einige berührende Momente beisteuert. Ein ungewöhnlich junger und einnehmend sympathischer Sancho wird von Daniel Prohaska verkörpert, der seine Songs schon fast zu schön singt. Martin Fournier als steifer, aber einnehmend singender Pfarrer, Roger Murbach als gutmütiger Gastwirt und nicht ganz so friedlicher Chef-Häftling sowie Frank Berg als Gegenspieler der Titelfigur in allen Realitäten runden das stimmige Bild ab. Nicht ganz geglückt ist das stimmliche Zusammenspiel zwischen Nazanin Ezazi (Antonia) und Fran Luban (Haushälterin). Ein kleines Highlight dafür der wohltönende Bariton von Andre Schuen als Barbier, und Uschi Plautz bringt als Gastwirts-Frau Farbe ins Geschehen. Bühne und Kostüme stammen vom kürzlich verstorbenen Rolf Langenfass, dessen Gedenken die Aufführung gewidmet ist.
Der neue Merker, Harald Lacina, 06.2012
DER MANN VON LA MANCHA
(Besucht wurde die Generalprobe am 23.6.2012)
Nicht auf der Guckkastenbühne des altehrwürdigen Fellner- und Helmerhauses am Kaiser-Josef-Platz 10 in Graz, sondern unter freiem Himmel im alten Gemäuer der Schlossbergbühne Kasematten wurde dieses Musical von Dale Wasserman (1914-2008) mit den Liedtexten von Joe Darion (1917-2001) und der Musik von Mitch Leigh (1928*) spannend und zugleich ironisch in Szene gesetzt.
Die Uraufführung des Man of La Mancha fand am 22. November 1965 am ANTA Washington Square Theatre in Greenwich Village, New York (Quelle: Internet Broadway Datebase IBDB), statt. Im Theater an der Wien erfolgte dann am 4. Januar 1968 die deutschsprachige Erstaufführung in der Fassung von Robert Gilbert (1899-1978) mit Josef Meinrad (1913-96) in der Titelrolle, Fritz Muliar (1919-2009) als Sancho Panza und der unvergesslichen Blanche Aubry (1921-86) als Aldonza. Josef Meinrad übernahm die Partie dann auch bei der Wiederaufnahme 1978, ihm zur Seite dieses Mal Dagmar „Daggi“ Koller in einer ihrer besten Rollen und Heinz Petters. 1996 folgte dann eine Neuinszenierung dieses mit insgesamt fünf Tony Awards ausgezeichneten Musicals an der Wiener Volksoper mit Karlheinz Hackl in der Titelrolle, Robert Meyer als Sancho Panza und wiederum Dagmar Koller als berührende Aldonza.
Joseph „Sepp“ Ernst Köpplinger, der ab der Saison 2012/13 die Intendanz des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München übernimmt, und dem man hierzulande exemplarische Inszenierung von Sweeney Todd, Ariadne auf Naxos, der Evangelimann und die Wiederentdeckung von Cherubinis Kougourgi, um nur einige wenige zu nennen, verdankt, wählte gemeinsam mit Nicole Claudia Weber für seine Interpretation das Ambiente des Shakespeare Globe Theatres. Bühne und Kostüme stammen noch von dem am 20. April 2012 viel zu früh verstorbenen großen Ausstatter Rolf Langenfass, dem diese Aufführung auch in ehrenvollem Gedenken gewidmet ist. Der Bühnenraum hat einen quadratischen Grundriss mit stufenförmigen Aufgängen zu allen vier Seiten. Die Rahmenhandlung, wonach die spanische Inquisition den Dichter Miguel de Cervantes (1547-1616) ins Gefängnis wirft, verlegt das Regieduo zeitgemäß in ein Auffanglager für Asylwerber. Statt der Inquisition droht den Asylanten nun mehr die Inschubhaftnahme und Abschiebung. In dieser lebensbedrohlichen Situation stellt der Dichter nun einige Szenen aus seinem Romanmanuskript „Don Quixote“ dar und schlüpft selber in die Gestalt des alternden Edelmannes Alonso Quijana.
Der Auftritt schwarz uniformierter und Sturmmützen tragender Soldaten sowie die zu Beginn stattfindende „Bücherverbrennung“ machen klar, wir befinden uns in einem totalitären System. Herumstehende Koffer, in denen die Asylanten ihre Habseligkeiten vielleicht zusammengetragen haben, dienen dann im Verlauf der Handlung als Sitze und Podeste. Eine Leiter findet rasch drapiert Verwendung als Windmühle, zwei andere mit einer Querstange verbunden markieren das Kastell. Besonders humorvoll wurden die beiden Reittiere durch die Tänzer Pál Szepesi als das Pferd Don Quixotes und Caspar Hees als der Esel Sanchos, vorgeführt. Aber auch die Vergewaltigungsszene Aldonzas und der Überfall durch die Mauren wurden vom ehemaligen Solisten der Wiener Staatsoper Boris Nebyla stimmungsvoll choreographiert.
Der in Meran geborene Schauspieler und Sänger Erwin Windegger gab einen würdigen und äußerst textverständlichen Cervantes und Don Quixote ab. Dieser Ritter von der traurigen Gestalt trotzte gerade durch seine aufrechte Haltung allen Fahrnissen seines kurzen Bühnenlebens. Ihm zur Seite war Daniel Prohaska der mitfühlende Diener Sancho mit wohltimbriertem Tenor in der Kehle. Carin Filipčić, in Wien noch in guter Erinnerung als Mrs. van Hopper im Musical Rebecca, lief nach einigen Anlaufschwierigkeiten zu einer respektablen Leistung auf. Allerdings wirkte sie nicht sehr authentisch, da es ihr in der Umsetzung der Rolle doch an den feinen Zwischentönen fehlte.
Die Überraschung des Abends in gesanglicher Hinsicht war der junge südtiroler Bariton Andrè Schuen als Barbier. Mit einer sonoren ausdrucksstarken und gehaltvollen Tiefe empfahl er sich schon jetzt für die großen Opernpartien seines Faches. Als Gouverneur und Gastwirt gab es ein Wiedersehen mit Roger Murbach, einer der großen Stützen des Volkstheaters. Seine Stimme ist unverkennbar und ebenso sein Spiel und es ist jedes Mal eine große Freude seine Auftritte vom Zuschauerraum aus gebannt verfolgen zu dürfen. Rollengerecht agierten Martin Fournier als Padre, Frank Berg als Herzog und Dr. Carrasco, Nazanin Ezazi als Antonia, Fran Lubahn als Haushälterin, Uschi Plautz als Maria, die kubanische Tänzerin Kenia Bernal Gonzales als Maurin sowie Katherina Lochmann als Dienstmädchen Femina. Michael Duregger als Hauptmann hörte sich an diesem Abend etwas verquollen an. Hoffentlich legt sich das in den Folgevorstellungen. Stimmlich und darstellerisch hervorragend waren die sechs Maultiertreiber Florian Peters/Pedro, Hannes Muik/José, Christoph Graf/Anselmo, Peter Neustifter/Tenorio, Maurice Klemm/Juan und Alexander Moitzi/Paco, die auch ihr tänzerisches Können als Mauren eindrucksvoll unter Beweis stellten.
Für die musikalisch schwungvolle Umsetzung sorgte Michael Brandstätter am Pult des Grazer Philharmonischen Orchesters. Er wird in der kommenden Saison als erster Kapellmeister an das Staatstheater am Gärtnerplatz im München wechseln.
Verdienter Applaus für alle Beteiligten beendete einen äußerst kurzweiligen, spannenden Musicalabend, den es sich, schönes Wetter vorausgesetzt, lohnt, in einem Lokal in der Grazer Innenstadt ausklingen zu lassen.